Aus aktuellem Anlass habe ich mein „Migrantenblog“ wieder neu aufgesetzt und aktiviert. Nach 10 Jahren in Deutschland dachte ich mir, ich würde hier gerne endlich wählen dürfen. Ich meine richtig wählen, nicht nur bei den Kommunal- und Europaparlamentswahlen. Also bräuchte ich die Deutsche Staatsbürgerschaft bis zum Herbst 2017. Als ich in Herbst 2015 die halbherzigen Bemühungen in diese Richtung gestartet habe, dachte ich, dass das doch locker reichen müsste. Doch was ich nicht berücksichtigt habe ist das geniale Organisationsvermögen der Einbürgerungs- und Staatsangehörigkeitsbehörde Berlin Mitte…
Ich muss sagen, ich hab das ganze mit einer ordentlichen Dosis Blauäugigkeit angegangen. Ich habe mir so etwas in die Richtung vorgestellt:
- Liste der Unterlagen + notwendige Formulare herunterladen;
- Formulare ausfüllen, Unterlagen beilegen, einschicken;
- Evtl. den lustigen Einbürgerungstest ablegen;
- Fertig.
So in etwa versichert es die Information auf der Seite einbuergerung-jetzt.de betrieben von der berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen
Der tatsächliche Prozess stellt sich etwas komplizierter dar. Wie kompliziert, weiß ich ehrlich gesagt noch gar nicht genau…
Der Text auf der Website der Behörde informiert mich:
Die Erstberatung und Ausgabe der Antragsformulare für die Einbürgerung findet grundsätzlich im Rahmen der persönlichen Vorsprache unter Vorlage des gültigen Nationalpasses und des gültigen Aufenthaltstitels statt.
Im Bezirk Mitte von Berlin ist für diese Erstberatung eine Terminbuchung notwendig.
Terminbuchungen für die Erstberatung zu einem Einbürgerungsantrag sind sowohl• über das Internet
• im Zimmer 43, Mathilde-Jacob-Platz während der Sprechzeiten möglich.
Da diese Behörde für genau 6 Stunden pro Woche ihre Türen öffnet, wollte ich selbstverständlich online ein Termin buchen. Ich klicke also auf „Terminbuchung“ und 6 Klicks weiter (!) erwartet mich die theoretische Möglichkeit den Termin zu buchen.
Als ich die ersten Male auf die Seite ging und feststellte, dass die Termine für fast zwei Monate im voraus ausgebucht sind und spätere Termine noch nicht für Anmeldung freigegeben sind, habe ich mir noch nicht so viel dabei gedacht. Erst als ich darin gescheitert bin die Logik hinter der Freigabe zu identifizieren musste ich feststellen, dass hier irgendwas nicht in Ordnung ist.
Letzte Woche war es endlich so weit – ich hatte endlich die Zeit um an einem Donnerstagnachmittag höchstpersönlich bei der Einbürgerungsbehörde für ein Terminvereinbarungstermin zu erscheinen. Weiß gar nicht warum ich dabei an Reinhard Meys „Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“ denken muss…
Auf jeden Fall war mein Besuch dort ganz entspannt. Nach 44 Minuten Schlange stehen, war ich endlich dran. Auf meine Frage hin ob sie denn meinen Ausweis bräuchte, sagte die nette Dame, sie benötige nur die Aufenthaltsgenehmigung… Nach meiner Aussage, ich hätte keine machte sie erst ein fragendes Gesicht, bis ich sie versicherte, als EU-Bürgerin würde ich keine benötigen… Nachdem wir das geklärt haben war mein erster Schritt auf meinem Weg zum deutschen Pass getan! Ich hatte ein Termin für mein Erstgespräch vereinbart. Es findet am… 26.01.2017 statt. In 46 Wochen!
Bevor ich das Zimmer, in dem mir diese erfreuliche Nachricht übermittelt wurde, verlassen habe, musste ich noch eine Frage stellen. Und zwar, wie genau es mit der Online-Terminvergabe funktioniere. Die Antwort ließ mich unentschlossen ob ich lachen, heulen oder Amok laufen sollte. „Ah, über die Online-Anmeldung werden eigentlich keine Termine vergeben. Da kommen nur dann Termine rein wenn Leute kurzfristig absagen. Aber das passiert so gut wie nie“.